Segelflug EuroparekordFr, 17. Mai 2013
Im Gegensatz zu normalen Streckenflügen, welche die Segelflieger mit Hilfe der Thermik durchführen, wo sie an sehr guten Tagen frühestens gegen halb zehn starten können, weil vorher die Sonne noch nicht genügend Kraft hat, um die Thermik zu erzeugen, ist an Tagen, wie es sie letzten Mittwoch und Donnerstag gab, wo der Föhn Wind die Auftriebsquelle für die Piloten darstellt, lediglich das Tageslicht der limitierende Faktor, da der Wind Tag wie Nacht weht.Mathias Schunk fliegt in 15 Stunden 1750 km im reinen SegelflugUm die maximal mögliche Flugzeit zur Verfügung zu haben, hob Mathias Schunk (47), am 16.5. pünktlich mit Sonnenaufgang um 5:37 Uhr ab. Kurz nach dem Abheben konnte er dann die aufgehende Sonne im Osten bewundern, „ein phantastischer Anblick, dafür alleine hat sich das frühe Aufstehen doch gelohnt“, war dann auch im Flugfunk gemeinsam mit seinen Fliegerkollegen Gerd Heidebrecht und Armin Behrendt, die kurz nach ihm starteten, zu hören. Da das gute Windsystem, wo der Südwind senkrecht zu den Bergzügen weht und somit den optimalen Aufwind liefert ab dem Inntal zu erwarten war, schleppte man zur Zugspitze, bzw. flog Schunk in einem eigenstartfähigen Segelflugzeug vom Typ Quintus mit Hilfe des eingebauten Hilfsmotors. „Der Abflugpunkt für einen deutschen Klassenrekord muss in Deutschland liegen“, erklärt Mathias Schunk die Wahl des in dem Flugdatenrekorder, der den ganzen Flug mit Hilfe von GPS Daten aufzeichnet, gespeicherten Abflugpunktes. Einen solchen Klassenrekord stellte Gerd Heidebrecht bereits am Mittwoch in der Kategorie Zielrückkehrflüge mit Flugzeugen der 18-Meter-Klasse, also mit maximal 18 Meter Spannweite auf. Von der Zugspitze flog er bis kurz vor Wiener Neustadt und zurück und überbot damit mit 773,4 km die alte Bestmarke von Bernd Weber aus Kirchheim/Teck aus dem Jahr 2006 um sieben Kilometer. Gerd Heidebrecht ist damit in den verschiedenen Kategorien nun Inhaber von acht Deutschen Klassenrekorden. Probleme gleich zu Beginn des FlugesDas Windsystem hatte sich optimal ausgebildet und es konnten auch erste Wellenaufwinde genutzt werden. Ähnlich wie im fließenden Wasser hinter einem Stein bilden sich auch in der Luftströmung hinter einem Berg Wellen aus, in denen die Segelflugpiloten steigen. An der Nordkette, nördlich von Innsbruck, wo normalerweise der beste Aufwind im Föhnsturm, der über den Brenner weht, vorherrscht, fand Heidebrecht allerdings keinen Aufwind, da offenbar die absteigende Luft der Welle genau hier auf den Berg traf, wodurch er leider sehr tief geriet und seinen Flug bereits früh durch die Nutzung des Hilfsmotor beenden musste. Behrendt und Schunk flogen von vornherein etwas weiter im Inntal und suchten dort den Wellenaufwind über Innsbruck, der allerdings auch nur mäßig war. Langsam ging es dann im engen Teamflug Richtung Osten voran, bis man im Zillertal erstmals einen guten Aufwind bis auf 3800m Höhe nutzen konnte. Über das Salzachtal flogen die beiden in den Wellen des Alpenhauptkamms zügig Richtung Osten vor. Ab Eisenerz führte der Flugweg dann im Hangflug direkt im Luv der dort nur noch niedrigeren Berge bis zur Rax am Ostende der Alpen, dem ersten deklarierten Wendepunkt, den beide um 9:15 Uhr gemeinsam erreichten. Im Hangflug ging es wieder zurück über Dachstein, Tennengebirge, Hochkönig zum Wilden Kaiser. „Hier ist immer eine Schlüsselstelle bei solchen Windtagen, denn der Weiterflug an den Rofan ist oft schwierig, weil man gegen den Wind fliegen muss und keine vernünftigen Berge hat, die Hangaufwinde liefern“, berichtet Schunk. Problemlos gelang dies diesmal und man erreichte schnell die Nordkette bei Innsbruck, die mittlerweile vernünftigen Hangwind lieferte. Weiter ging es nördlich des Inntals an den Hängen Richtung Arlberg. An der Parseierspitze jedoch fand Behrendt, der zu diesem Zeitpunkt etwas tiefer als Schunk flog keinen Anschluss an das Aufwindsystem und musste kurze Zeit später, gemeinsam mit einem anderen Segelflugzeug, welches in St. Johann gestartet war außenlanden. „So eng liegen Glück und Pech manchmal im Segelflug nebeneinander. Auch Walter Wartlsteiner aus Innsbruck, der letztes Jahr noch mit einem Flug über 1600 km Furore machte musste am Donnerstag bei Imst landen“, beschreibt Schunk die Trennung des Teams. Allein erreichte Schunk um 10:45 Uhr den zweiten Wendepunkt bei Bludenz. Im Osten fing es an zu regnenDie weitere Flugroute führte Schunk auf gleichem Flugweg wieder Richtung Osten, wo das Ziel der Schneeberg, etwa 10 km östlich der Rax gewesen wäre. Am Dachstein traf Schunk Benjamin Bachmaier, der erst gegen Mittag gestartet war und gemeinsam mussten sie im Nationalpark Gesäuse feststellen, dass der weitere Flugweg nach Osten nun durch viele Regenschauer versperrt war. „Damit war der eigentliche Plan, die Aufstellung eines deklarierten Europarekords über drei Wendepunkte über 1533 km hinfällig geworden“, beschreibt Schunk den enttäuschenden Entschluss hier umzudrehen. „Allerdings war sofort ein neues Ziel gefunden, nämlich der Europarekord für einen freien Flug über drei Wendepunkte anzugehen, welcher bei 1538km lag“. Hierzu musste Schunk nochmals bis etwa nach Bludenz fliegen. Sehr gut im Zeitplan liegend ging es wieder Richtung Westen, wobei sich diesmal ein großer Regenschauer im Inntal im Weg stellte, der ein Umfliegen im Norden durch das Karwendel notwendig machte. Um 18:30 Uhr setzte Schunk den Zielpunkt bei Schruns nach 1555 km. „Gerne wäre ich noch ein wenig weiter nach Westen geflogen und hätte die 1000 Meilen (1610km) vollgemacht, aber leider war der Wind hier schon zusammengebrochen, so dass ein Weiterflug nicht möglich war“, berichtet Schunk von dem Entschluss über zwei Stunden vor Sonnenuntergang wieder Richtung Heimat zu fliegen. Verlängerung auf 1750kmAuf dem Heimweg machte Schunk nochmals einen Abstecher über die Nordkette, die nun wieder frei von Regen war und flog bis zum Achensee und zurück nach Königsdorf, was ihm zusätzlich in der inoffiziellen Kategorie „Flug über sechs Schenkel“ eine Strecke von 1750,7km einbrachte. Damit überbot er knapp die Leistung von Gerd Heidebrecht aus dem letzten Jahr, der es mit 1746km bisher auf den weitesten Flug in Europa in der Kategorie „Flug über sechs Schenkel“ gebracht hatte. „Fairerweise muss man aber sagen, dass Gerd damals ein leistungsmäßig etwas schlechteres Flugzeug geflogen hat“ gibt Mathias Schunk zu bedenken. Nach genau 15 Stunden und drei Minuten Flugzeit landete Schunk um 20:39 Uhr, sieben Minuten vor Sonnenuntergang überglücklich wieder in Königsdorf, wo seine Frau Pia ihm als allererstes gratulierte. Nach seinem Europarekord im letzten Jahr über 1220km für Flugzeuge der 15 Meterklasse, nennt sich Schunk nun auch Europarekordler in der offen Klasse. |
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